Schlange im Tee oder Wenn der Apotheker zum Steinmetz wird

Das 25 jährige Jubiläum der TCM Klinik in Bad Kötzting bietet auch in der Sonnen-Apotheke viele Anekdoten. Seit der Eröffnung der TCM-Klinik ist die Apotheke ebenfalls mit an Bord – ebenso wie viele Firmen aus der Region, die manchmal auch „unbewusst“ Starthilfe geleistet haben. Das 25-jährige TCM-Jubiläum hält daher einige Anekdoten bereit – vom Artenschutz bis zum Sondermaschinenbau.

Ein Aspekt der Behandlung nach den Methoden der Traditionellen Chinesischen Medizin ist die Versorgung der Patienten mit Kräutermischungen. Was die Apothekerin „Teedrogen“ nennt sind diverse Kräuter, Wurzeln, Früchte, aber auch einige exotischere Zutaten. Aus diesen wird ein Sud gekocht, das sogenannte TCM-Dekokt. Die Sonnen-Apotheke in der Marktstraße war bei der Versorgung der TCM Klinik und ihrer Patienten von Anfang an mit dabei. „Rechtlich benötigte die TCM-Klinik eine Apotheke zur Kontrolle der Kräuter, daher sind wir so früh mit dem Thema in Berührung gekommen“, erläutert Eva Beer, die Seniorchefin. Dabei waren die ersten Anfänge abenteuerlich.

Herstellung eines TCM-Tees

Die erste Lieferung Magnetitum – ein schwarzes, festes Gestein, dass in einigen TCM-Tees verwendet wurde -  wurde als Block geliefert. Nach einigen fruchtlosen Versuchen dem Steinblock selbst zu Leibe zu rücken wurde der Steinmetz Hoffmann eingeschaltet. „Der Riesenhammer war vielleicht nicht 100% pharmazeutisch, aber sehr wirkungsvoll“, erinnert sich Eva Beer mit einem verschmitzten Lächeln. Um das Problem der "großen Brocken" insgesamt anzugehen, wurde Tom Bauer mit dem Bau einer Maschine beauftragt, die die vielen harten und großen Hölzer und Pflanzenteile zerkleinern konnte. "Eine Zerkleinerungsmaschine im Tischformat war eine spannende Aufgabe", wie sich Thomas Bauer erinnnert. Noch heute steht die Maschine im Dornröschenschlaf auf dem Dachboden der Apotheke – vielleicht für ein nächstes Projekt.

Aber auch bei den Zutaten selbst gab es so manche Überraschung, Unwägbarkeiten oder schlicht Klärungsbedarf. Da die chinesischen Verordner auf die ihnen bekannten Zutaten aus China zurückgreifen wollten, musste z.B. auch über die Verwendung von Schildkrötenpanzern nach dem Washingtoner Artenschutzgesetz recherchiert werden. Manche Anforderungen wurden ermöglicht, für andere fand man einen geeigneten Ersatz. „Spannend war auch der Anruf einer Kundin, die ein Stück Schlange in ihrem Tee gefunden hatte. Er stellte sich dann – zum Glück – als ein Teil bewusst beigemischter Regenwurmhaut heraus.“, erinnert sich die Seniorchefin. Je weiter sich die TCM in Deutschland etablierte, desto besser wurden Herstellung und Verarbeitung der Kräuter.  Heute stehen eine Vielzahl chinesischer Kräuter in höchster Qualität zur Verfügung, allesamt geprüft und zugelassen nach dem deutschen Arzneimittelgesetz.

Neben den lustigen Anekdoten in der Teekammer der Apotheke wurde aber auch viel Zeit in die Verbreitung des neu erworbenen Wissens gesteckt. So engagierte sich Apothekerin Ingrid Roith, die sich schon vor vielen Jahren in das Thema TCM eingearbeitet hatte, in den Weiterbildungskursen der Bayerischen Apothekerkammer. Nach dem Motto „Nur wenn man Wissen teilt kann es wachsen“, wurde somit ein wichtiger Beitrag zur Verbreitung von TCM-Kenntnissen auch in der Apothekerschaft geleistet. „Es war einfach spannend, das Ganze mit aufzubauen und sich in diese völlig andere medizinische Denkweise einzuarbeiten“, erläutert Ingrid Roith.  

Heute besteht das Team der TCM-Abteilung in der Sonnen-Apotheke aus drei Mitarbeiterinnen, die Rezepturen aus  TCM-Teekräutern herstellen. Die vorgeschriebene Dokumentation und Qualitätskontrolle macht dabei einen großen Anteil am Arbeitsaufwand aus. „Die Anforderungen der Aufsichtsbehörden sind ständig weiter gestiegen und tun es noch“, erzählt Stefanie Henke, die Inhaberin. „Manchmal erscheint es absurd, wenn Naturstoffe auf das hundertstel Gramm genau eingewogen werden sollen, aber so sind die hohen Qualitätsstandards heutzutage nun mal. Diese Herausforderung nehmen wir an – und freuen uns auf die nächsten 25 Jahre in Zusammenarbeit mit der TCM Klinik“, führt sie aus. Genau so wie viele andere Firmen und Menschen aus der Region Bad Kötzting, die sich über die Jahre an der Arbeit der TCM Klinik – manchmal auch als unsichtbare Helfer - beteiligt haben.

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